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 Spanische Atriden 04.01.2003 (18:54) Steffi
Hallo und ein frohes Jahr 2003,

seit einiger Zeit verfolge ich die Beiträge, die in Ihrem Forum erscheinen mit großem Interesse. Nun stellt sich für mich beim Lesen der Spanischen Atriden ein Problem, bei dem Sie mir vielleicht weiterhelfen könne: Der Schauplatz Spanien scheint ja zuerst einmal daher gewählt, da sich die zu grunde liegenden Geschichtsepisoden eben dort zugetragen haben. Aber bei genauermn Hinsehen hätte Heine ja wohl auch die Atriden als solche zur Grundlage nehmen und damit die antike Mythologie zum Schauplatz ähnlicher "Familien-Grausamkeiten" wählen können. Welche Anhaltspunkte oder Denkansätze könnten mir helfen, diese Wahl zu verstehen? (Leider ist mein Geschichtswissen äußerst spärlich, sodass mir die gesamte Problematik der Mauren in Spanien nur schemenhaft klar ist und deren Bezüge zu Heine eigentlich gar nicht.)
Vielen Dank für Ihre Mühe, liebe Grüße
Steffi
Hallo Steffi,
und Willkommen im Forum.

Ich denke, dass der Schauplatz Spanien tatsächlich willkürlich gewählt ist und die Geschichte auch an einem anderen Ort spielen könnte. Heine hat sich ja bereits früh mit der spanischen Geschichte beschäftigt, um den geschichtlichen Rahmen für seinen Almansor zu gestalten. Einige seiner Gedichte haben danach ebenfalls Spanien als Schauplatz. Allerdings stellt sich die Frage, warum das Gedicht in Lamentationen und nicht in Historien platziert ist - eine Antwort habe ich darauf nicht.
Es ist wohl mal diskutiert worden, ob Heine auf seine Hamburger Verwandtschaft anspielen wollte. Dazu gibt es im Kommentar der Hanser-Ausgabe folgende Anmerkung:

»Nach Str. 7 folgen in der Handschrift dies von H. gestrichenen Strophen:

"Er erzählte mir zum Beispiel,
Wie der König dem Don Gaston,
Seinem leiblich eignen Vetter,
Abhaun ließ die beiden Hände -

Einzig und allein, weil dieser
Ein Poet war und der König
Einst geträumt, der Vetter schreibe
gegen ihn ein Spottsirvente."

Diese Strophen und der in der Handschrift erwogene Titel "Familiengeschichte" hat die ältere Forschung zu problematischen Hinweisen auf den Erbschaftsstreit mit Carl Heine veranlaßt.«

Was die neuere Forschung meint, verschweigt der Kommentar allerdings ;-)

Während in Almansor und an anderen Stellen die Problematik Mauren in Spanien als Verschlüsselung für die Probleme der Juden in Deutschland dient, finde ich in den Spanischen Atriden keine Hinweise auf getaufte oder nichtgetaufte Mauren.

Gruß
Wolfgang

Heinrich Heine - Leben, Leiden, Werk und Hintergrund

 Re: Spanische Atriden 06.05.2017 (18:53) Paulo Palma
> Hallo und ein frohes Jahr 2003,
>
> seit einiger Zeit verfolge ich die Beiträge, die in Ihrem
> Forum erscheinen mit großem Interesse. Nun stellt sich
> für mich beim Lesen der Spanischen Atriden ein Problem,
> bei dem Sie mir vielleicht weiterhelfen könne: Der
> Schauplatz Spanien scheint ja zuerst einmal daher
> gewählt, da sich die zu grunde liegenden
> Geschichtsepisoden eben dort zugetragen haben. Aber bei
> genauermn Hinsehen hätte Heine ja wohl auch die Atriden
> als solche zur Grundlage nehmen und damit die antike
> Mythologie zum Schauplatz ähnlicher
> "Familien-Grausamkeiten" wählen können. Welche
> Anhaltspunkte oder Denkansätze könnten mir helfen, diese
> Wahl zu verstehen? (Leider ist mein Geschichtswissen
> äußerst spärlich, sodass mir die gesamte Problematik der
> Mauren in Spanien nur schemenhaft klar ist und deren
> Bezüge zu Heine eigentlich gar nicht.)
> Vielen Dank für Ihre Mühe, liebe Grüße
> Steffi

Hallo Steffi

Durch reiner Zufall bin ich auf dieser Seite gestoßen. Und nun habe ich das Bedürfnis einige Dinge klar zu stellen falls nach so vielen Jahren die immer noch unklar sind.
Die Geschischte ist wahr und der Schauplatz auch; Portugal und Spanien.
Das Heinrich Heine in diesem Gedicht den Namen Portugal mit keinem Wort erwähnt ist nicht verwunderlich denn noch bis zum vorigen Jahrhundert dachten viele das Portugal eine Provinz Spaniens war, womöglich immer noch ist.
Den Rest der Geschichte erlaube ich mir aus anderen Quellen hierher zu kopieren den ich wurde das nicht so gut hinkriegen wie de experten.
Ines de Castro - eine Leiche auf Portugals Thron
Papst Innocenz VI. war empört. Da verlangte Portugals König Pedro tatsächlich von ihm, er solle die Kinder seiner verstorbenen Mätresse legitimieren. Unmöglich sei dies, so antwortete der Pontifex, denn Ines war niemals zur Königin gekrönt worden. Das brachte Pedro auf eine makabre Idee.
Die schöne Ines de Castro kam 20-jährig im Gefolge der kastilischen Prinzessin Bianca Maria an den Hof von Lissabon. Hier wurde Bianca 1340 mit dem wesentlich jüngeren portugiesischen Thronfolger Pedro verheiratet. Die Hochzeit hatte König Affonso IV. von Portugal aus politischen Gründen arrangiert und die daraus resultierende Ehe war keineswegs glücklich. Pedro begann vielmehr eine heftige Affäre mit Ines de Castro, bis sein verärgerter Vater die Hofdame aus dem Land weisen ließ.
Als Bianca 1349 gestorben war, mußte Pedro eine weitere ungeliebte Frau heiraten, Constanza de Penafiel. Nachdem diese einen Sohn geboren hatte, verließ sie der Thronfolger und holte Ines wieder nach Portugal. In der Stadt Coimbra verbrachten sie vier gemeinsame Jahre und Ines bekam drei Kinder, darunter zwei Söhne. Nach Constanzas Tod 1354 sickerte das Gerücht durch, Pedro habe seine Geliebte heimlich geheiratet und er selbst tat nichts, um dies zu dementieren.
Der Fall bekam nun eine politische Dimension Die Familie Castro gehörte zu den mächtigsten Sippen des spanischen Kastilien. Wenn Ines tatsächlich rechtmäßige Gemahlin des künftigen Königs wäre, dann hätten ihre Söhne Joao und Dinis erheblichen Anspruch auf den portugiesischen Königsthron. Die Verwandtschaft von Ines machte aus ihren diesbezüglichen Ambitionen keinen Hehl und das alarmierte den einheimischen Hochadel. Denn die Angst vor einer Einvernahme durch die Spanier zieht sich wie ein roter Faden durch Portugals Geschichte.
Der Mord an Ines de Castro
Viele Adlige bestürmten König Affonso IV., er möge Ines de Castro aus dem Weg räumen. Besorgt um Portugals Unabhängigkeit, berief der Monarch Anfang 1355 einen Kronrat, welcher die Kastilierin des Hochverrats beschuldigte und gleichzeitig zum Tode verurteilte. Drei Adlige (Alvaro Goncalves, Pedro Coelho und Diogo Lopes Pacheco) machten sich an das blutige Werk. Am 7. Januar 1355 - Pedro befand sich gerade auf einer Jagdpartie - drangen die Mörder in den Palast von Coimbra ein und schlugen der unschuldigen Ines den Kopf ab. Von der Jagd heimgekehrt, fand Pedro ihr blutiges Haupt vor.
Rasend voller Wut entfesselte Pedro nun einen Krieg gegen seinen Vater, den beide Seiten nicht gewinnen konnten. Der Konflikt endete mit einem Kompromiss, wonach Vater und Sohn sich verpflichteten, alles Geschehene zu vergessen. Doch als Affonso Ende Mai 1357 gestorben war, zeigte sich, dass der neue König nicht daran dachte, sich weiter an diese Vereinbarung zu halten.
Eine seiner ersten Maßnahmen bestand darin, die Mörder von Ines zu bestrafen. Einer aus dem Trio konnte noch schnell nach England entfliehen, die beiden anderen ließ Pedro mit ausgefeilter Grausamkeit zu Tode foltern und dann das Herz herausreißen. Der schockierte Adel gab ihm deswegen den Beinamen "O cruel" (der Grausame), während das Volk seine Rachegelüste durchaus billigte.
" Liebe ist ihr Name und Tränen ihre Welle."
1360 unternahm Pedro dann einen Schritt, der bis auf eine Ausnahme wohl einzigartig in der Geschichte dasteht . Er ließ den Leichnam von Ines de Castro aus dem Kloster Santa Clara in die Kathedrale von Coimbra überführen. Dort mußte sich die gesamte Hocharistokratie Portugals einfinden. Zwei Thronsessel waren aufgestellt, den einen besetzte der König, auf den anderen wurden die Überreste von Ines gehoben. Die Tote trug ein Purpurgewand, zahlreiche Juwelen und eine Krone auf dem kahlen Haupt. Der Erzbischof von Braga salbte die Leiche und küsste den Saum ihres Gewandes.
Anschließend wurde Ines de Castro von der Kathedrale in eine neue Begräbnisstätte überführt. Pedro hatte befohlen: "Die Königin wird in feierlicher Prozession nach dem Kloster Alcobaca gebracht. Alle Stände ohne Ausnahme, auch Kinder und Kranke, haben sich mit brennenden Kerzen an der Prozession zu beteiligen." In der Abteikirche von Alcobaca ließ Pedro zwei Sarkophage für sich und Ines errichten, unmittelbar gegenüber, "damit bei der Auferstehung vor dem Jüngsten Gericht ihr erster Blick ein Blick der Liebe sein wird".
Bei aller morbiden Romantik gelang es Pedro nicht, seine gemeinsamen Kinder mit Ines auf den Thron zu heben. Nach seinem Tod 1367 wurde Fernando I., Sohn der Constanza von Penafiel, zum König ausgerufen. An Ines de Castro blieb die Erinnerung wie sie Portugals großer Nationaldichter Luis de Camoes formulierte: "Liebe ist ihr Name und Tränen ihre Welle."

Mit freundlichen Grüßen

Paulo Palma

Dies ist ein Beitrag aus dem Forum "Heinrich-Heine-Forum". Die Überschrift des Forums ist "Heine-Forum".
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