| | Hallo Kräuterhexe,
Epocheneinteilungen sind reine Hilfskonstruktionen, die nur bedingt Sinn machen. (Was man ja auch schon daran sieht, daß sie sich gerne überlappen.)
Wenn man Biedermeier schlicht als die Epoche vom Wiener Kongreß bis zur Revolution von 1848 auffasst, also als die Literatur der Restaurationsperiode, gehört Heines Werk im wesentlichen dazu. Wenn man nach Kriterien für "typisch Biedermeier" sucht, wird es schwierig. Oft meint Biedermeier dann ja auch nur einen Teil der Literatur der Zeit, nämlich den unpolitisch-harmlosen, ins Private und Idyllische flüchtenden. So gesehen ist Heine natürlich nicht besonders biedermeierlich, wobei der "Weiße Elephant" ja zumindest eine Mode der Biedermeierzeit bedient, nämlich den Hang zu exotischen Stoffen. Und einigermaßen harmlos-heiter daherkommt, zumindest auf den ersten Blick. Das alles ist aber nach der 48er Revolution ungebrochen in der Literatur vorhanden (vielleicht sogar verschärft, weil um eine Reflexion der Revolution ja im allgemeinen ein weiter Bogen gemacht worden ist), so dass auch ein im "Romanzero" gedrucktes Gedicht in diesem Sinne durchaus biedermeierlich ist.
Wie würdest Du denn "typisch Biedermeier-Gedicht" bestimmen? Auf der Grundlage ließe sich dann diskutieren, ob "Der weiße Elephant" die Kriterien erfüllt. Die Goethe-Parodie und die Rückbezüge auf die eigene Frühlyrik scheinen mir zumindest wenig mit Uhland, Mörike oder wen auch immer man als biedermeierliche Bezugsgröße heranziehen mag, zu tun zu haben.
Beim Loreley-Gedicht ist das Problem ähnlich: Natürlich romantische Staffage, natürlich romantische Desillusionierung, natürlich ein Entstehenszeitpunkt, der noch gut in den Abschnitt "Spätromantik" paßt (aber genauso gut in "Biedermeier" als Zeitabschnitt) - aber gleichzeitig wird das Romantische so heftig überdreht, daß es gleichzeitig die eigene Überwindung ist. Usw.
Aber, wie gesagt, für eine Diskussion, was am "Weißen Elephanten" biedermeierlich sein könnte, wäre ich dankbar. Mal was anderes als die "Hallo, ich brauche dringend eine Interpretation für den Deutschunterricht"-Anfragen!
Viele Grüße Robert |
| | | Hallo Robert,
aufgrund so einer "Hallo, ich brauche dringend eine Interpretation für den Deutschunterricht"-Anfrage habe ich mich hier eingeklinkt. Meine Tochter war da schon ganz schön schlau. Ich bin recht begeistert von Heine. Schon in der Schule, hatte ich das Glück, Vorprüfung, 10. Klasse schriftliche Deutschprüfung und auch im Abitur stand er immer zur Auswahl. Für mich gab es natürlich da gar keine Frage, Heine war ein Muss. Auch in unserem Bücherschrank finden sich mittlerweile einige Werke und Bücher von und über Heine.
Mein schlaues Töchterlein hat sich gedacht, dass das einer ist, über den sie mich so richtig ausquetschen kann und als ich jetzt ihre Facharbeit gelesen hatte, habe ich mich ins Internet gestürzt und bin dabei über diese Epochen und Jahreszahlen und dem Entstehungsjahr des weißen Elephanten gestolpert, weil ich auch eine Seite gefunden habe (http://www.textlog.de/heine-gedichte-weisse-elefant.html) mit dem Entstehungsjahr 1844. Und irgendwie hat mich das etwas verwirrt. Naja, und da man sich ja vor dem Kinde nicht allzu lächerlich machen will, dachte ich, ich klicke hier mal rein und frage mal nach. Nicht dass es dann doch falsch ist und das wäre dann oberpeinlich, da die Deutschlehrerin meiner Tochter auch meine war ;-)). Auf den ersten Blick würde ich ja sagen, dass biedermeierich dieses überfüllte und das "zu viel" ist, das im Geicht dargestellt wird. Auch das "Nicht-genug bekommen", aber beschrieben wird die Epoche ja eher mit zurückhaltend und elegant. Auch das Anbiedernde der Gräfin Kalergie finde ich typisch für die Zeit, aber wie gesagt, ich lese einfach aus Spaß an der Freude und eher weniger, um irgendwo irgendwas hinein zu interpretieren. Über wem Heine gelästert hat, findet man ja leicht heraus und liest das Gedicht dann auch mit anderen Augen, aber ich finde selbst ohne dieses Wissen, ist die Kritik am Überfluß und dem "Gehabe" der damaligen Zeit deutlich spürbar.
Viele Grüße Kräuterhexe
> Hallo Kräuterhexe, > > Epocheneinteilungen sind reine Hilfskonstruktionen, die > nur bedingt Sinn machen. (Was man ja auch schon daran > sieht, daß sie sich gerne überlappen.) > > Wenn man Biedermeier schlicht als die Epoche vom Wiener > Kongreß bis zur Revolution von 1848 auffasst, also als > die Literatur der Restaurationsperiode, gehört Heines > Werk im wesentlichen dazu. Wenn man nach Kriterien für > "typisch Biedermeier" sucht, wird es schwierig. Oft meint > Biedermeier dann ja auch nur einen Teil der Literatur der > Zeit, nämlich den unpolitisch-harmlosen, ins Private und > Idyllische flüchtenden. So gesehen ist Heine natürlich > nicht besonders biedermeierlich, wobei der "Weiße > Elephant" ja zumindest eine Mode der Biedermeierzeit > bedient, nämlich den Hang zu exotischen Stoffen. Und > einigermaßen harmlos-heiter daherkommt, zumindest auf den > ersten Blick. Das alles ist aber nach der 48er Revolution > ungebrochen in der Literatur vorhanden (vielleicht sogar > verschärft, weil um eine Reflexion der Revolution ja im > allgemeinen ein weiter Bogen gemacht worden ist), so dass > auch ein im "Romanzero" gedrucktes Gedicht in diesem > Sinne durchaus biedermeierlich ist. > > Wie würdest Du denn "typisch Biedermeier-Gedicht" > bestimmen? Auf der Grundlage ließe sich dann diskutieren, > ob "Der weiße Elephant" die Kriterien erfüllt. Die > Goethe-Parodie und die Rückbezüge auf die eigene > Frühlyrik scheinen mir zumindest wenig mit Uhland, Mörike > oder wen auch immer man als biedermeierliche Bezugsgröße > heranziehen mag, zu tun zu haben. > > Beim Loreley-Gedicht ist das Problem ähnlich: Natürlich > romantische Staffage, natürlich romantische > Desillusionierung, natürlich ein Entstehenszeitpunkt, der > noch gut in den Abschnitt "Spätromantik" paßt (aber > genauso gut in "Biedermeier" als Zeitabschnitt) - aber > gleichzeitig wird das Romantische so heftig überdreht, > daß es gleichzeitig die eigene Überwindung ist. Usw. > > Aber, wie gesagt, für eine Diskussion, was am "Weißen > Elephanten" biedermeierlich sein könnte, wäre ich > dankbar. Mal was anderes als die "Hallo, ich brauche > dringend eine Interpretation für den > Deutschunterricht"-Anfragen! > > Viele Grüße > Robert |